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Predigt im ökumenischen Gottesdienst am Dreieinigkeitsfest, 18.Juni 2000, im Hof des Urbacher Schlosses
über Epheser 1, 3 - 14
Liebe ökumenische Festgemeinde!
Wir sind ja heute nicht nur zum Gottesdienst zusammengekommen, sondern zum ersten Mal in der Geschichte Urbachs auch zu einem gemeinsamen Fest.
Den 18.Juni 2000 sollten wir wirklich mit goldenen Lettern in die Ortschronik eintragen.
Mit dem ersten ökumenischen Gemeindefest tritt die Zusammenarbeit der Urbacher Kirchen in ein neues Stadium ein. Darum sind wir alle heute sehr froh.
Auch der heutige Sonntag strahlt Fröhlichkeit aus, nicht nur deswegen, weil das Wetter schön ist, sondern auch deswegen, weil er ein christlicher Festtag ist.
Heute ist das Dreieinigkeitsfest.
Das ist ein Festtag für Gott. Wir danken ihm heute dafür, dass er sich uns zu erkennen gegeben hat als ein Dreifacher und doch Einziger,
nämlich als Vater, der das Leben geschaffen hat, als Sohn, der uns erlöst hat und als heiliger Geist, der uns im Glauben festigt und gewiss macht.
In der evangelischen Kirche ist ein Abschnitt aus dem Epheserbrief Predigttext für den heutigen Festtag. Wir hören ihn nach der ökumenischen Einheitsübersetzung:
Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus:
Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott; er hat uns aus Liebe im voraus dazu bestimmt, seine Söhne zu werden durch Jesus Christus und nach seinem gnädigen Willen zu ihm zu gelangen, zum Lob seiner herrlichen Gnade.
Er hat sie uns geschenkt in seinem geliebten Sohn; durch sein Blut haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden nach dem Reichtum seiner Gnade. Durch sie hat er uns mit aller Weisheit und Einsicht reich beschenkt und hat uns das Geheimnis seines Willens kundgetan, wie er es gnädig im voraus bestimmt hat: Er hat beschlossen, die Fülle der Zeiten heraufzuführen, in Christus alles zu vereinen, alles, was im Himmel und auf Erden ist.
Durch ihn sind wir auch als Erben vorherbestimmt und eingesetzt nach dem Plan dessen, der alles so verwirklicht, wie er es in seinem Willen beschließt; wir sind zum Lob seiner Herrlichkeit bestimmt, die wir schon früher auf Christus gehofft haben.
Durch ihn habt auch ihr das Wort der Wahrheit gehört, das Evangelium von eurer Rettung; durch ihn habt ihr das Siegel des verheißenen Heiligen Geistes empfangen, als ihr den Glauben annahmt. Der Geist ist der erste Anteil des Erbes, das wir erhalten sollen, der Erlösung, durch die wir Gottes Eigentum werden, zum Lob seiner Herrlichkeit. Epheser 1, 3 - 14
Wenn Sie vorher gut gehört haben dann haben Sie gemerkt, dass da einer voll und ganz begeistert ist.
Er kommt gar nicht nach, alles aufzuzählen, was er über Gott und zum Lobe Gottes zu sagen hat. Die Luft scheint ihm beim Aufzählen wegzubleiben.
Was wir hier im ersten Kapitel des Epheserbriefs lesen, ist eine große, überschwängliche Dankesrede. Sie besteht im griechischen Urtext aus nur einem Satz.
Sie beginnt mit den Worten:
Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus . . .
und sie schließt mit den Worten
. . . zum Lob seiner Herrlichkeit.
Zum Lob seiner Herrlichkeit:
dieses Satzstück kommt, leicht abgewandelt, in dieser Rede wie ein Kehrvers in einem Lied dreimal vor.
Darauf läuft alles hinaus, was der Verfasser des Epheserbriefs uns über Gott mittelt: Dass wir alle dazu bestimmt sind, Gott durch unser Lob groß zu machen.
Das soll auch das Thema der Predigt jetzt sein:
Wir sind alle dazu bestimmt, Gott durch unser Lob groß zu machen.
Wozu sind wir bestimmt?
Wozu sind die Menschen überhaupt bestimmt?
Über "Die Bestimmung des Menschengeschlechts" haben sich die Philosophen der Aufklärungszeit vor 200 bis 300 Jahren den Kopf zerbrochen. Sie kamen zu dem Ergebnis: Die Menschen sind dazu bestimmt, ihre Vernunft auszubilden und nach den Regeln der Vernunft zu leben.
Wie denken heute die Leute über ihre Bestimmung?
Und wie denken wir darüber?
Welche Ziele setzen wir uns und wie wollen wir sie erreichen?
Das Ziel, das die Aufklärungsphilosophen bestimmt haben, wirkt heute noch weiter:
Viele setzen sich die Mehrung ihres Wissens als höchstes Ziel. Sie lernen, studieren, nicht nur in jungen Jahren, sondern auch im fortgeschrittenen Alter noch, ja sogar noch als Senioren.
Andere sehen ihre Bestimmung anders: Sie wollen es im Sport zu großen Triumphen bringen.
Andere wollen auf andere Weise berühmt werden, vielleicht in der Musik oder im Gesang oder in der Malerei, in der Kunst allgemein.
Wieder andere sehen ihre Bestimmung drin, dass sie in ihrem Beruf aufsteigen und immer höhere Positionen erringen, so weit das geht.
Andere sehen ihre Bestimmung darin, viele Kinder und eine große Familie zu haben und für sie zu sorgen.
Sehr viele setzen alles daran, möglichst viel Geld zu verdienen,
und wieder andere sehen darin ihre Bestimmung, dass sie möglichst viel reisen und so möglichst viel von der Welt sehen.
Der Apostel sagt aber im Epheserbrief: Dazu sind wir bestimmt, dass wir Gott in seiner Herrlichkeit erkennen und loben können.
Um das tun zu können, brauchen wir kein besonderes Wissen, müssen wir keine guten Sportler oder Musiker oder Sänger oder Künstler sein, müssen im Beruf nicht an oberster Stelle stehen und müssen keine große Familie vorweisen. Auch das Geld spielt da keine Rolle. Arme und Reiche können in gleicher Weise die Herrlichkeit Gottes erkennen und Gott loben; den Armen fällt es in der Regel leichter als den Reichen.
Und ob man viel oder wenig von der Welt gesehen hat, ist unerheblich; die Herrlichkeit Gottes scheint auch im kleinsten Umfeld auf; auch bei denen, die Jahr und Tag nicht aus ihrer vertrauten Umgebung fortkommen. Denn Gott wirkt bis ins Verborgene hinein bei einem jeden persönlich. So hat es uns Jesus selber zugesagt.
Dazu also sind wir bestimmt: dass wir Gott in seiner Herrlichkeit erkennen und ihn loben.
Heute fragen wir uns auch: Wozu sind denn die verschiedenen Kirchen bestimmt, die christlichen Gemeinden, die sich in so viele Konfessionen zerteilt haben?
Was ist das Ziel, wenn sich Menschen verschiedener Konfessionen begegnen, wie sie es heute tun; wenn sie zusammen sind, um gemeinsam zu beten und zu singen und wenn sie, wie nachher beim Fest, miteinander am Tisch sitzen?
Manche denken: "Die Christen tun sich jetzt zusammen, damit sie stärker werden. Die Kirchen haben gemerkt, dass ihr Einfluss in der Öffentlichkeit immer mehr abnimmt. Jetzt schließen sie sich zusammen, um wieder Macht ausüben zu können - ähnlich wie sich in der Wirtschaft große Firmen zu Wirtschaftsgiganten zusammenschließen, um den Markt stärker zu beherrschen."
Doch Machtgewinn, das darf nicht das Ziel der Ökumene sein; das wäre nicht im Sinne Gottes und auch nicht im Sinne Jesu, der gesagt hat: Mein Reich ist nicht von dieser Welt (Johannes 18,36).
Sondern für die Ökumene gilt das gleiche Ziel wie für den Einzelnen:
Wir sind dazu bestimmt, Gottes Herrlichkeit gemeinsam zu erkennen und ihn gemeinsam zu loben.
Heute sind wir dankbar für die Gemeinschaft, zu der wir hier in Urbach gefunden haben.
"Dankbar für die Gemeinschaft in Christus", so steht es als Überschrift über unserem Gottesdienstprogramm. Diese Formulierung ist von Herrn Pfarrer Blum; vielen Dank dafür.
Ja, wir sind dankbar, dass hier am Ort diese Gemeinschaft in Christus gewachsen ist. Gott hat sie wachsen lassen, und so sind wir einander näher gekommen. Denn wir haben uns gegenseitig kennen- und schätzen gelernt.
Es begann schon vor Jahren mit gemeinsamen Gottesdiensten. Gerade dieser Schlosshof, in dem wir heute sitzen, war der Ort, an dem wir uns Jahr für Jahr zum gemeinsamen Gebet versammelt haben.Die Gemeinschaft wurde weiter gepflegt bei Zusammenkünften der Kirchengemeinderäte; dann haben einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine ökumenische Runde angefangen; ein ökumenischer Bibelkreis ist entstanden, und die Pfarrer haben sich zu regelmäßigen Besprechungen getroffen. Noch vor unseren gemeinsamen Gottesdiensten und gemeinsamen Kreisen hat der Altenclub schon ökumenisch angefangen. Der Altenclub, der von Anfang an bis heute durch die Urbacher Kirchen gemeinsam geleitet wird, ist, so möchte ich sagen, die Wiege der Ökumene in Urbach.
Und so entstand bei einer gemeinsamen Sitzung der Kirchengemeinderäte die Idee eines gemeinsamen Sommerfestes.
Ich bin glücklich darüber, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Gemeinden im Vorbereitungssausschuss für das heutige Fest zusammengewirkt haben: harmonisch und ideenreich. Jeder und jede hat Zeit, Kraft und Ideen eingebracht, und jeder und jede hat auch ein Stück Liebe und Zuneigung zur Sache und damit indirekt auch zu den anderen Ausschussmitgliedern spüren lassen.
Wenn wir bedenken, wie viele Jahrhunderte lang wir Christen der verschiedenen Konfessionen einander distanziert, ja bisweilen feindlich gegenüber gestanden sind, dann ist der heutige Tag wirklich ein Tag des Dankes und des frohen und befreiten Aufatmens. Eis ist geschmolzen, Misstrauen wurde abgebaut. Wir resignieren nicht mehr vor der Glaubensart der anderen, sondern im Gegenteil: Wir sind neugierig geworden und erwartungsvoll. Wir wollen erfahren, wie andere ihren Glauben leben, wir wollen von ihnen lernen.
Ich wünsche von Herzen, dass diese gegenseitige Zuwendung zueinander, die jetzt erreicht ist, weitergeht und dass sich auch diejenigen, die noch abwartend abseits stehen, in diese Bewegung hineinziehen lassen.
Ich denke, dass sich Gott von Herzen darüber freut, wenn die Christen zusammenfinden, wenn sie das Gemeinsame an ihrem Glauben erkennen, die Unterschiede achten und schätzen und eine herzliche, ungetrübte Gemeinschaft miteinander pflegen.
Denn dann erfüllt sich die Bitte Jesu, die wir im 17.Kapitel des Johannesevangeliums lesen: Ich bitte für sie, dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast
(Johannes 17,21).
So gibt uns Gott auch die Kraft dazu, dass wir mit unserem ganzen Reden, Beten, Singen und mit unserem ganzen Tun und gemeinsamen Feiern unsere Bestimmung erfüllen: ihn groß zu machen und sein Lob zu vermehren.
Wenn wir uns so gemeinsam in das Lob Gottes hineinnehmen lassen, dann stellen wir uns in den Segensstrom hinein, von dem der Apostel in seiner großartigen Dankes- und Lobrede auf Gott spricht.
Alles, was er über Gott sagt, hat er unter das Thema des Segens gestellt. Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet. So beginnt er seine Rede.
Was er nun im einzelnen an Wohltaten Gottes erwähnt, will ich noch kurz ausführen.
Diese Wohltaten gelten uns allen, ganz gleich, zu welcher Kirche oder Gemeinschaft wir uns zählen.
Vier Aspekte des Segens, also vier Wohltaten, die uns Gott erweist, erwähnt der Apostel hier.
Die erste Wohltat lautet: Gott hat uns auserwählt und uns zu Söhnen und Töchtern bestimmt. Nun können wir Gott als unseren persönlichen Vater ansehen und annehmen; könne sie zu ihm beten und it ihn reden wie mit einem Vater.
Die zweite Wohltat: Gott hat uns durch das Blut seine Sohnes von unseren Sünden erlöst. Durch das Werk, das Jeus auf Golgatha vollbracht hat, ist der Zwiespalt überbrückt worden, durch den wir auf Grund unseres verkehrten Wesens von Gott getrennt waren. Nun können wir auch das überwinden, was uns als Christen noch voneinander trennt.
Die dritte Wohltat besteht darin, dass uns Gott zu Erben eingesetzt hat, damit wir das ewige Leben ererben können. Wenn also unser Weg auf der Erde zu Ende geht, dann fallen wir nicht ins Bodenlose, sondern es erwartet uns eine Herrlichkeit, die uns Gott bereits zugeeignet hat.
Die vierte Wohltat des göttlichen Segens ist schließlich diese: Er hat uns mit dem heiligen Geist als einem Siegel umgeben, damit wir unversehrt bewahrt bleiben für sein ewiges Reich. Früher hat man Briefe versiegelt mit der Absicht, dass der Empfänger den Brief unversehrt erhalten sollte. So umgibt uns Gott mit einem unsichtbaren Siegel, dem heiligen Geist. Dadurch bleiben wir für ihn und für sein Reich unversehrt erhalten, auch wenn wir in diesem Leben vieles mitmachen müssen, auch wenn wir viel und oft verletzt werden: äußerlich und innerlich. Er sorgt dafür, dass unser innerster Kern nicht verletzt wird.
An allen diesen vier Wohltaten, die uns Gott erweist, ist sein Sohn Jesus Christus mit beteiligt. Denn es heißt jeweils zur Einleitung eines neuen Gedankens: In ihm , durch sein Blut und zweimal durch ihn.
In Christus also empfangen wir diese Wohltaten, in Christus, der auch uns zusammengeführt und uns Gemeinschaft geschenkt hat.
Freuen wir uns darüber, dass wir unter dem Segen Gottes stehen dürfen, im Glauben an seinen Sohn, der der Garant dieses Segens ist, und unter der Wirkung seines gutes Geistes, der uns unversehrt erhält und uns zur vollkommenen Gemeinschaft verbindet.
AMEN.
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