Predigt Vikar Seibold
Vikar Gunther Seibold
Predigt zum 06. August 2000
Gehalten in der Afrakirche Urbach
Biblischer Text: Philipperbrief 2,1-4
Thematische Stichwörter: Demut, Liebe untereinander

Liebe Gemeinde,

als Predigttext für den heutigen Sonntag
sind uns Verse aus dem Philipperbrief gegeben.
Im Philipperbrief gibt Paulus seiner Freude Ausdruck
und lädt ein zum sich Mitfreuen:
Freuet euch in dem Herrn allewege,
und abermals sage ich euch: Freuet euch!

Wie die Freude in einer Gemeinde vollkommen werden kann,
das beschreibt Paulus in den 4 Versen am Beginn
des 2. Kapitels.
Wir werden sie in der Lutherübersetzung hören
und dann immer gleich dazu
nach der Übertragung in der Guten Nachricht.

1
Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit,
 Bei euch gibt es doch das ermutigende Wort im Auftrag von Christus; es gibt den tröstenden Zuspruch, der aus der Liebe kommt; es gibt Gemeinschaft durch den Heiligen Geist; es gibt herzliches Erbarmen.
2
so macht meine Freude dadurch vollkommen, daß ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid.
 Dann macht mich vollends glücklich und habt alle dieselbe Gesinnung, dieselbe Liebe und Eintracht! Verfolgt alle dasselbe Ziel!
3
Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen, sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst,
 Handelt nicht aus Selbstsucht oder Eitelkeit! Seid bescheiden und achtet den Bruder oder die Schwester mehr als euch selbst.
4
und ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient.
 Denkt nicht an euren eigenen Vorteil, sondern an den der anderen, jeder und jede von euch!

Ich habe dieser Predigt als Überschrift das Motto
"Kleines Einmaleins der Liebe" gegeben.

 KLEINES

Dieses Motto habe ich am Montag
für die Ankündigung im Mitteilungsblatt gewählt.
Als wir dann aber abends
gemeinsam diesen Gottesdienst vorbereitet haben,
da haben wir uns spontan gefragt,

ob es denn da überhaupt um etwas Kleines ginge
in diesen Versen von Paulus,
ob das mit dem "Kleinen" Einmaleins dann so treffend sei.

Nun, das "klein" bezieht sich auf die Kürze mit nur 4 Versen.
Aber andererseits ist die Aufgabe,
die da beschrieben wird, riesig groß.

Denn wir könnten schon zusammenzucken
und verzweifeln, wenn wir an die Wirklichkeit denken bei uns:
Gegenüber diesem Anspruch von Paulus
sieht es bei uns oft allzu kläglich aus
mit dem Trost der Liebe,
der Gemeinschaft im Heiligen Geist
und der Barmherzigkeit.

Wir erleben die Unbarmherzigkeit
sogar nicht nur draußen in der Welt
sondern bis herein in unsere Familien
und die christliche Gemeinde.

Groß oder Klein?, das ist schon eine Frage.

Im Umkreis Jesu war diese Frage,
Groß oder Klein? auch in anderer Dimension
immer wieder ein Thema.
Als es einmal unter den Jüngern einen Wettstreit gab
um die ersten Plätze und die Frage,
wer der Größte sei, da sagte Jesus:
"Wer unter euch groß sein will,
der sei euer Diener" (Mk.10,44).

Ganz ähnlich wie es Jesus gesagt hat,
gibt es Paulus hier seiner Gemeinde weiter:
In Demut achte einer den andern höher als sich selbst.

"Demut" - da stoßen wir auf einen Begriff,
in dem die Frage von Groß oder Klein zusammenfließt.
Wer Demut hat, ist der groß oder klein?

Meine These lautet so:
Demut zeigt,
wer die Größe hat, klein zu sein,
wer auf Rang und Reichtum verzichten kann
und andern Helfer und Diener sein kann.

Das Beispiel Jesu dafür haben wir vorhin in der Schriftlesung gehört:
Er übernimmt das Geschäft der Haussklaven
nimmt die Wasserschüssel, kniet sich hin
und wäscht seinen Jüngern die Füße.
Stellen wir uns einmal vor,
der Bürgermeister wäre an seinem 50. Geburtstag
herumgegangen und hätte bei allen Motorrädern
den Luftdruck der Reifen kontrolliert und nachgestellt!
Der Meister und Herr, so sagt Jesus,
bin ich gerade so, als Diener,
als Mensch, der weiß, dass wir alle miteinander
vor Gott Dienerinnen und Diener sind.

Oft wurde und wird falsch gelehrt von der Demut
und gesagt, dass wir immer die kleinen sein müssten,
dass wir uns ducken sollen und zu allem ja sagen:
In diesem Fall wird mit der Demut unter Druck gesetzt
in der Schule oder Familie.

Das aber ist nicht gemeint!
Demut lebt von Freiwilligkeit,
der Demütige zeigt wahre Freiheit und Größe,
weil er sich mit seinen Mitmenschen
auf dieselbe Ebene begeben kann.
Wer demütig ist, wird nicht klein
und verliert nicht seine Würde.

Kleines Einmaleins der Liebe?

Nun, es kann auf jeden Fall Kleines Einmaleins heißen,
weil es wie das Kleine Einmaleins in der Mathematik
die Grundlage bildet für mehr.

 EINMALEINS

Einmal eins, zweimal eins, nein:
dreimal eins oder sogar noch mehr
vom Einssein redet Paulus hier in unseren Versen.
Die Einheit ist für Paulus das Ziel,
das der Gemeinschaft im Glauben dient
und Freude macht.

Er nennt die Einheit dreimal
und betont noch dazu die Liebe:
Seid eines Sinnes, seid einmütig, seid einträchtig
und habt gleiche Liebe!

Die Frage, die sich bei so viel Nachdruck auf die Einheit stellt,
ist für mich, ob alles Einheitsbrei werden soll:
ein Herz und eine Seele, usw.
Ich lese das hier bei Paulus aber anders.
Wir sollen nicht alle die Gleichen werden,
sondern wir sollen dasselbe Ziel verfolgen.

Ein Boot dreht sich im Kreis,
wenn alle auf der gleichen Seite rudern.
Der eine rechts, der andere links,
das ergibt eine gerade Fahrt
dem gemeinsamen Ziel entgegen.

Noch viele andere Beispiele dafür gibt es,
dass es gar nicht gut ist,
wenn alle genau das Gleiche tun.
Viel wichtiger ist, dass alle das Gleiche wollen.

Nehmen wir eine Fußballmannschaft:
Wenn alle Torwart wären,
was hätte das für einen Sinn?
Die Niederlage wäre programmiert.
Für dasselbe Ziel ist es notwendig,
dass wir verschieden sind und verschiedene Aufgaben übernehmen.
Der eine ist Abwehrspieler und ein anderer Stürmer
und sie sind gerade dann eine Eintracht,
wenn sie das Gleiche wollen,
aber je Verschiedenes tun.

Auch für das Zusammenleben in der Kirche kann das ein Vorbild sein.
Auch  auf unterschiedlichen Wegen
und mit unterschiedlichen Prägungen
ist es möglich eines Sinnes zu sein, gleiche Liebe zu haben
und dasselbe Ziel zu verfolgen.

Ich fühle mich erinnert an die Frage von vorhin -
"Klein oder Groß?":
Machen wir uns in der Kirche und Gemeinde
nicht vielleicht die Aufgabe selbst zu groß,
weil wir dem Ideal "Ein Herz und eine Seele" nachlaufen?

Paulus hat nirgends verlangt, dass alle Christen ein Herz sein sollten.
Er hat das Bild des Leibes mit seinen vielen Gliedern verwendet,
bei dem die einen Hand und die andern Ohr oder Rücken
und was sonst alles sind.
Von daher darf es verschiedene Gruppen und Gruppierungen geben
in unserer Kirche,
dürfen die Schwerpunkte unterschiedlich gesetzt werden.
Das kann theologische Standpunkte einschließen
und auch die ganz praktische Tätigkeit:

Die eine trägt Briefe aus,
eine andere gestaltet Jungscharstunden,
eine dritte beteiligt sich als stille, treue Beterin,
wieder eine andere ist für's Gemeindehaus verantwortlich.

Wir sollen nicht alle das Gleiche tun,
sondern alle das Gleiche wollen.
Dann werden wir auch aufhören,
aufeinander herunterzugucken.
Jeder hat seine eigene Position und kann sich an das halten,
was Paulus sagt:
Tut nichts aus Eigennutz oder um eitler Ehre willen,
sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst
und ein jeder sehe nicht auf das Seine,
sondern auch auf das, was dem andern dient.

 LIEBE

Damit komme ich zum dritten in diesem Kleinen Einmaleins der Liebe,
nämlich zur Liebe.
Die Liebe wird in unserem Abschnitt am häufigsten genannt:
da ist vom Trost der Liebe die Rede,
von herzlicher Liebe
und von der Liebe, die uns alle einig macht.

An einer Stelle wird dabei nicht das übliche Wort für Liebe verwendet,
sondern ein Wort, das eigentlich Eingeweide bedeutet, oder Herz.
Gemeint sind die inneren Organe,
da wo wir Liebe zueinander leiblich, sinnlich spüren.
Ich denke dabei an warme Herzlichkeit, Innerlichkeit.
Ich denke an Erlebnisse
wie einen tief von innen heraus strahlenden Blick,
an Umarmungen und einen warmen Händedruck.
 Gott hat in Jesus Christus einen Blick in sein Herz geschenkt.
 Jesu Kommen auf Erden ist für Paulus das Vorbild,
 an dem sich unser Lieben ausrichten kann.

Im Anschluss an unseren Predigttext
zitiert Paulus den Hymnus,
den wir eingangs als Psalmgebet miteinander gesprochen haben.
So wie Jesus sollen wir gesinnt sein.

Jesus wird dort besungen als der,
der auf die andern, uns alle, achtete
und von seiner erhabenen Position
sich ganz auf unsere Ebene begeben hat.

Liebe, so hat es auch Jesus selbst gesagt,
bedeutet, den andern zu lieben wie sich selbst.
"Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" (Mk.22,39).

Wie oben bei der Demut bereits gesagt,
darf man das nicht missverstehen
als ob man nur noch auf die Bedürnisse des andern achten solle.
Jesus sagt: Liebt die andern "wie euch selbst".
Und Paulus schreibt:
Ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das,
was dem andern dient.
Wer sich selbst lieben kann, kann andere genauso lieben.

Dieses kleine Einmaleins der Liebe aus dem Philipperbrief,
auf das wir jetzt einmal einen näheren Blick geworfen haben,
soll, damit kehre ich zum Anfang zurück,
Freude machen, Freude vollkommen machen.
Wie Paulus will ich sagen:
Es ist schon viel Liebe unter uns,
lasst uns auf diesem Weg weitergehen!

So wie das Kleine Einmaleins in der Mathematik die Grundlage bildet,
kann uns dieses Kleine Einmaleins der Liebe
dabei weiterhelfen.
Dazu segne uns Gott.
Amen.
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