|
Liebe Gemeinde!
Provokation: Entrüstung und Konter
Das ist doch vielleicht unanständig,
was die Neun in dieser Geschichte da machen!
Man könnte sich entrüsten
über so viel Undankbarkeit!
Doch halt!
Mit einem solchen Urteil kämen wir leicht in die Gefahr,
ein einfaches Schwarzweißbild zu zeichnen:
Die einen, die Undankbaren, da,
und die andern hier.
Ich möchte da einmal dagegenhalten
und eine Behauptung aufstellen, die ganz anders lautet:
Alle zehn, die da geheilt wurden, so behaupte ich,
waren doch wohl dankbar!
Alle, die Gutes erleben, sind dankbar
Die waren doch sicher alle froh und dankbar,
nachdem sie ein so großes Wunder an sich erlebt hatten!
Sie waren aussätzig gewesen,
infiziert mit der schlimmsten Krankheit der damaligen Zeit,
bei der der Leib von den Gliedmaßen her zu faulen begann,
zu stinken und sich aufzulösen.
Und vor allem:!
mit dieser Krankheit angesteckt war man so ansteckend,
dass man ausziehen musste,
aus der Gemeinschaft hinaus in einen Krankenbereich,
wo einem höchstens noch das Essen hineingeworfen wurde.
So schlimm waren sie dran gewesen -
und jetzt waren sie wieder gesund.
Sie konnten sich dem Priester zeigen
und das war wie ein Stempel vom Gesundheitsamt heute.
Brief und Siegel: Wir sind frei vom Aussatz und gesund.
Bestimmt waren sie alle froh und dankbar.
Uns geht es ja auch so,
dass wir froh und dankbar sind,
wenn uns Gutes widerfährt.
Erlebnisse der Dankbarkeit, die mir einfallen,
sind beispielsweise,
wenn eine Geburt glücklich verlaufen ist,
wenn wir von einer Krankheit gesund geworden sind,
wenn wir in den Ferien Urlaub machen können
und durch all den Verkehr glücklich heimgekehrt sind,
wenn Sonntag ist und wir etwas mehr Ruhe haben.
Menschen sind dankbar,
wenn ihnen Gutes widerfährt.
Da gibt es praktisch keine Ausnahme.
Ich kann mir nicht vorstellen,
dass die Neun in der Geschichte von Jesus
nicht dankbar gewesen wären.
Alle Zehn sind gesund geworden,
und deshalb - das ist meine These -
waren alle 10 auch dankbar.
Verschiedener Umgang mit der Dankbarkeit
Trotzdem gibt es da in der Geschichte am Ende einen Unterschied.
Lukas legt den Schwerpunkt seiner Erzählung darauf.
Es geht ihm um einen Unterschied,
der mit dem Danken zu tun hat.
Die Heilung vom Aussatz vorher zeichnet Lukas
nur mit den allernötigsten Strichen:
wie Jesus nur eine kurze Anweisung gibt
und schon sind die Kranken gesund,
weil sie tun, was Jesus sagte.
Das Hauptaugenmerk liegt dann aber auf der Szene am Ende:
Einer kommt wieder zu Jesus zurück,
er lobt Gott mit lauter Stimme
und verehrt Jesus,
indem er sich vor ihm zu Boden neigt
bis sein Gesicht ganz am Boden ist.
Mit diesem Einen steigt Jesus ein in einen kleinen Dialog,
und dieser Dialog bildet das Zentrum und Ziel
unseres Predigttextes.
Der erste Spruch Jesu darin handelt von den Neun,
die nicht da sind.
Jesus redet dabei zu allen, die um ihn herumstehen
und gibt damit den Vorwurf an die Neun an sie weiter.
Der zweite Spruch Jesu gilt dem dankbaren Samariter alleine,
der da zurückgekommen ist
und zu Gottes Lob in die Gebetshaltung gefallen ist.
Dieser zweite Spruch gibt eine Antwort auf die Frage:
Was haben wir vom Danken?
Der Satz Jesu von den Undankbaren
Der erste Spruch
stellt die Frage nach dem Umgang
mit der Dankbarkeit.
Wenn alle - wie vorhin ausgeführt -
dankbar sein konnten und wohl auch dankbar waren,
warum sind sie dann nicht zu Jesus gekommen
wie dieser Eine?
Wir merken,
dass Dankbarkeit nicht alles ist,
es kommt Jesus in dieser Geschichte
auf den Umgang mit der Dankbarkeit an.
Man kann dazu eine Anregung in der lateinischen Sprache finden:
Dort gibt es zweierlei Wendungen:
gratiam habere, was so viel heißt wie: Dank haben, dankbar sein.
Und: gratiam referre, das bedeutet: Dank zurücktragen.
Die Neun hatten Dank, sie trugen den Dank aber mit sich in ihrem Herzen.
Der Eine aber trug seinen Dank zurück,
er gab Dank zurück an Jesus.
Ich denke,
dass Sie ähnliche Beobachtungen machen können
im Umgang mit dem Danken,
- dass es da Unterschiede gibt -
vor allem, wenn Sie einen Beruf mit Kundenkontakt haben
oder sich irgendwo für andere engagieren:
Die einen freuen sich, sagen auch Danke
ziehen dann freundlich ab.
Die andern aber geben ihrer Anerkennung
über ein formelles Danke hinaus dadurch Ausdruck,
dass deutlich wird,
dass ihnen nicht nur die empfangene Leistung,
sondern auch die Geberin oder der Geber wichtig ist.
Das sind dann solche Dankeschöns,
die uns echte Freude machen,
wenn jemand sich nicht nur über mein Geschenk freut
sondern sich auch mit mir freut darüber, dass ich es ihm gegeben
habe.
Unterschiede im Umgang mit der Dankbarkeit
können wir auch Gott gegenüber beobachten.
Mit Jesu Fragestellung könnten wir fragen:
Haben nicht alle Menschen ihr Leben von Gott,
der sie geschaffen hat?
Und wieviele glauben Gott und danken ihm?
Also: Wo aber sind die Neun?
Leben nicht alle davon, dass Gott jeden neuen Tag gibt,
Regen und Sonne, Sommer und Winter?
Wo aber sind die Neun?
Freuen sich nicht so gut wie alle,
dass sich's in Urbach gut leben lässt,
dass die Menschen hier ein Dach über'm Kopf haben,
dass in unserem Land schon so lange Frieden ist?
Wo aber sind die Neun?
Dankbar können sie dafür alle sein.
Wo aber bringen die Neun ihren Dank zurück?
Wo tragen die vielen ihren Dank für das Leben hin,
die keinen Gedanken an Gott haben,
die kein Gebet, sei es Morgen- oder Abendgebet, sprechen,
kein Tischgebet an ihren gut gedeckten Tischen halten,
kein Wort der Bibel zur Ehre Gottes lesen,
kein Lied und keinen Gedanken an Gott haben
und auch keinen Gottesdienst besuchen?
Ich will mir nicht anmaßen,
die Frage Jesu irgend jemandem bestimmtem zu stellen
und ihm zu unterstellen, er sei einer der Neun.
Der einzige, dem ich diese Frage wirklich hartnäckig stellen will,
bin ich selbst.
Immer wenn ich drohe,
zufrieden und irgendwie dankbar zu sein,
aber zu versäumen, Dankbarkeit zurückzutragen,
dann will ich mir diese Frage gefallen lassen:
Bin ich etwa einer von den Neun?
Einer, der Gott nicht den Dank erstattet,
der ihm gebührt?
Und Gott will ja nicht mehr,
als dass ich ihn Herr über mein Leben sein lasse
und ihn Gott sein lasse.
So wie das der dankbare Samariter hier
durch seine Anbetung kundtut.
Vielleicht tut es ja auch Ihnen gut,
durch diesen Sonntag an diese Lebensfrage
erinnert zu werden.
Gebe ich Gott Ruhm und Ehre
und lasse ihn den Herrn meines Lebens sein?
Die Tatsache, dass es hier ein Fremdstämmiger,
ein Samariter war, der Dank zurückbrachte,
ist als Warnung an die zu verstehen,
die sich fest in ihrer Religion eingerichtet haben.
Die Juden um Jesus herum meinten ja immer,
alles vom Heil zu wissen.
Und jetzt kommt hier einer von denen,
denen sie sich auch dann nicht nähern,
wenn er keinen Aussatz mehr hat.
Und er wird zum Vorbild.
Ganz wie in der Geschichte vom barmherzigen Samariter,
die wir letzten Sonntag gehört haben.
Seinen Dank beschreibt Jesus so:
Gott die Ehre geben.
In unseren Gottesdiensten gehören wir alle zu denen,
die da vor allem in den Liedern Gott die Ehre geben.
Deshalb gehören wir heute morgen alle zu denen,
die gekommen sind,
Gott Dank zurückzugeben.
Nachher wollen wir das Abendmahl feiern
und auch das ist dafür eine großartige Gelegenheit.
Wir dürfen feiern,
dass Jesus alles für uns getan hat.
Tut dies zu meinem Gedächtnis, sagt Jesus.
Und so dürfen wir uns beim Abendmahl auch
freuen und dankbar sein.
Der Satz Jesu an den Dankbaren
Ich komme noch zum Satz Jesu an den Dankbaren selbst.
Unsere Geschichte - das müssen wir auch festhalten -
wünscht den neun Fehlenden nichts Böses.
Sie redet viel mehr vom Segen,
den der dankbare Geheilte dazugewinnt.
Wer mit seinem Dank bei sich und allein bleiben will,
der verpasst das Allerbeste.
Man könnte den Unterschied zwischen den Neun und ihm so ausdrücken:
Die Neun sind weggegangen und waren glücklich,
weil Jesus sie gesund gemacht hatte.
Der Eine aber ist wiedergekommen und wurde noch glücklicher,
weil Jesus ihm das ganze Heil gab.
Von dem einen konnte Jesus sagen,
dass er Glauben hatte.
Dieser Glaube hat ihm die Augen dafür aufgetan,
dass es Jesus war,
dass Jesus wirklich der Sohn Gottes war,
der ihn geheilt hatte.
Wer dafür kein Gefühl hat,
der kann Jesus nicht die göttliche Ehre geben.
Wer für Gottes Schöpfung kein Gefühl hat,
und all das, was Gott an uns tut,
von dem können wir auch nicht erwarten,
dass er mit uns zum Gottesdienst kommt
um Gott die Ehre zu geben.
Der Glaube des dankbaren Samariters
steht im Mittelpunkt dessen,
was Jesus ihm sagt.
Weil er diesen Glauben hat,
deshalb verheißt ihm Jesus Rettung,
deshalb kann er auferstehen
und in einem neuen, geretteten Leben wandeln.
So hat dieser Geheilte
nicht nur die Aussatzkrankheit verloren,
sondern Jesus gefunden.
Jesus hat ihm Gott gezeigt und das ist das Größte,
was einem passieren kann.
Dieser Geheilte lebte nicht nur mit einem gesunden Leib,
sondern mit einer gesunden Seele.
Mehr als Gesundheit ist ihm Heil widerfahren.
Ich möchte das mit meiner eigenen Erfahrung bestätigen,
dass der Glaube an Jesus,
der Dank an Jesus reicher macht.
Das waren die glücklicheren Momente,
in denen ich den Dank nicht nur im Herzen tragen,
sondern auch lobend und rühmend Gott bringen durfte.
Das konnte dann im Singchor sein,
im Gottesdienst
und auch beim Luftsprung für Gott,
wenn sonst kein Mensch dabeiwar.
Das unterscheidet Christen, die ihren Glauben leben,
von anderen Menschen:
Dass sie eine Adresse haben für die Dankbarkeit,
dass sie Dank zurückbringen können zu Gott,
dass sie anbeten können vor Jesus.
Ich kann mich doch auch sonst im Leben
über solche Geschenke immer noch mehr freuen,
wo ich mich herzlich bedanken
und dabei die Liebe und Freude des andern spüren kann.
Wir dürfen Jesus Dank zurückgeben
und wir werden dadurch nicht ärmer,
sondern reicher.
Davon bin ich überzeugt.
Das gilt ja auch für einen schönen Gottesdienst,
dass er mich beschenkt entlässt
mit der Zuversicht, dass Gottes Segen mit mir geht.
Vielleicht konnte uns der dankbare Samariter jetzt
wieder einmal dazu anregen,
aus unserer Dankbarkeit
auch ein Danke! und ein Dank- und Loblied zu machen.
Jesus beantwortet unser Vertrauen mit der Zusage:
Steh auf! Geh hin! Dein Glaube hat dir geholfen!
Amen.
|